Redebeitrag Rosa Rave – Reclaim Club Culture Demo 14.02.2020

Rosa Rave – Reclaim Club Culture

 

Hallo liebe Alle!
Schön, dass so viele gekommen sind und vielen Dank für die Einladung und die Möglichkeit heute hier zu sprechen! Wir sind Rosa Rave und wir sind die antifaschistische Pressesprecherin von Reclaim Club Culture. Reclaim Club Culture kennt ihr vielleicht noch nicht: RCC ist ein Netzwerk, das sich mit dem Anliegen gegründet hat, politische Potenziale und emanzipatorische Prozesse innerhalb der Clubkultur Berlins sichtbar zu machen, zu fördern und neu zu denken. Diesen Anspruch versuchen die einzelnen Akteur*innen innerhalb unseres Arbeitsumfeldes und Strukturen zu tragen und dort zu etablieren.
Und wie, warum, haben wir eigentlich dieses “Reclaim” im Namen und was heißt das eigentlich? Es heißt, sich etwas zurückholen, wieder anzueignen… In einer Gesellschaft, in der das Patriarchat als unumstrittene Normalität akzeptiert ist, in der Männer über unsere Körper, unseren Geist, unsere Identität und unsere Individualität verfügen, in der wir einer permanenten Sexualisierung und Objektivierung unterliegen, bleiben auch unsere vermeintlichen Freiräume, die wir nur zu gerne auch als Schutzräume begreifen, nicht frei von dieser widersprüchlichen Problematik. Reclaimen wollen wir also, dass diese Schutzräume auch und vor allem Schutzräume für FLINT*A werden. Und das ohne Kompromisse und ohne Ausreden mehr.
So häufig lesen wir, bevor wir einen Club betreten: „No Racism, No Discrimination, No Homophobia, No Sexism!“ Große Utopien auf hübschen großen Schildern. Menschen geben dort ihre Jacken an der Garderobe ab und glauben, dass sie damit auch ihre alltäglichen Formen von Diskriminierung und Hierarchisierung, von der unsere Gesellschaft strukturell geprägt ist, automatisch ablegen können.
Es ist viel zu selbstverständlich geworden unsere Clubs als Freiräume und Schutzräume zu begreifen. Das ist leider nicht der Fall! Die gesellschaftlichen Widersprüche von Kapitalismus und Patriarchat werden durch uns Alle mit in die Räume getragen und dort weiter ausgelebt. Auch hier muss die Normalität der Gewalt des Patriarchats aufgebrochen und skandalisiert werden. Auch hier müssen wir immer noch um die Selbstbestimmung unserer Körper kämpfen und uns Privilegien, die Cis-Männern in die Wiege gelegt werden, hart erkämpfen. Denn die Strukturen sind nun mal auch hier männlich dominiert und damit Sexismus und sexualisierte Gewalt keine Ausnahme. Sexismus und sexualisierte Gewalt von linken Cis-Männern, Typ Antifa-Macker, ist jedoch nicht im Geringsten mehr zu tolerieren als Sexismus von der bürgerlichen Mitte oder von rechts. Es ist und bleibt Gewalt, die wir uns nicht gefallen lassen werden.
Die Gestaltung dieser Freiräume verstehen wir als aktiven Prozess, bei dem sich jede*r bewusst werden muss, dass es aktive Arbeit, Reflexion und Kommunikation braucht, um unsere Vorstellung von einem respektvollen Zusammenleben zu ermöglichen. Diese in den Freiräumen zu erproben und dann gesamtgesellschaftlich umzusetzen ist ein Potenzial unserer Freiräume.
Die Geschehnisse der letzten Monate haben uns gezeigt, dass das nicht der Fall ist und vielleicht auch nie war. Sie haben gezeigt, dass die Widersprüche und Lügen der Gegenwart in diese angeblichen Schutzräume mit hineingetragen und dort weiter ausgelebt werden.
Wir, die Nicht-cis-männlichen, müssen auch dort immer noch kämpfen, für unsere Rechte, unsere Identitäten, unsere Körper und unsere Selbstbestimmung. Die Club- und Feierszene ist dabei keine Ausnahme. Nur weil es auf einem Schild über dem Eingang zu lesen ist, heißt das noch lange nicht, dass unsere Clubs und Festivals als Frei- und Schutzräume funktionieren. Sich dieser Auseinandersetzung zu stellen, die eigenen Strukturen zu hinterfragen, Privilegien zu checken ist der eine Teil der Arbeit, die nun innerhalb der Festivalorganisation ansteht. Der andere Teil ist die Awareness-Strukturen zu stärken, denn diese sind im Feierkontext allzu oft auf freiwilliger Basis oder richtig schlecht bezahlt. Es ist Zeit zu begreifen, dass diese Arbeit ein Grundstein für eine diskriminierungsfreie Feierkultur ist.
Gerade die jüngsten Ereignisse in den sogenannten Freiräumen haben gezeigt, dass wir keine Ausnahme sind und noch lange nicht so frei, wie wir es gerne wären. Deshalb werden wir auch weiterhin innerhalb des Reclaim Club Culture Netzwerkes daran arbeiten, dass genau dieser aktive Prozess eben nicht an der Garderobe vergessen wird und neben der Narrenfreiheit, die unsere Clubs bieten und die wir lieben, einen zentralen Platz hat! Und wir werden zusammen mit euch allen weiter dafür kämpfen, patriarchale Strukturen in und außerhalb des Feierkontextes zu zerstören, damit wir ohne Sorge vor Diskriminierung auf den Floors und im Alltag Spaß haben können. Wer von euch Lust hat, diese Themen mit zu unterstützen, ist herzlich eingeladen.