Internationale Perspektiven
Der Kampf gegen das Patriarchat wird auf der ganzen Welt von FLINT* geführt – wir haben für euch aus Mexiko, Frankreich und Chile einige Eindrücke und Ausschnitte aus Texten zusammengestellt und übersetzt, die wir mit euch teilen wollen.
MEXIKO
Betina vom CIG (Concejo Indígena de Gobierno – Indigener Regierungsrat) sagte in ihrer Abschlussrede zum “Nationalen und internationalen Treffen der Frauen, die kämpfen” im März 2019:
“Compañeras, heute sind wir hier, weil uns ein Licht gegeben wurde. Wir geben dieses Licht weiter. […] wir tragen das Licht in unserem Herzen. Und das Licht ist der Kampf, den jede von uns führt. Das Licht ist eine Metapher: Der Kampf ist das, was uns momentan wirklich zusammen bringt. Und so muss es weitergehen, vereint. […] Wir werden es [das Licht] in eine Fackel verwandeln. Wir werden dieses patriarchale kapitalistische System verbrennen, bis nichts mehr davon übrig bleibt! Deshalb müssen wir uns organisieren! Deshalb müssen wir zusammen bleiben! […] Danke, dass ihr dabei seid! […] Wir werden die Fackel brennen lassen, compañeras! Es leben die Frauen die zusammen kämpfen! Sie leben hoch!”
Am 18. Januar wurde die Feministin Isabel Cabanillas in Ciudad Juárez an der Nordgrenze Mexikos zu den USA erschossen. Die 26-jährige Feministin war Künstlerin, Mutter und Freundin, sie war Teil einer breiten feministischen Bewegung im Norden Mexikos. Isabels Kollektiv organisierte eine Demonstration durch die Stadt, obwohl diese Art des öffentlichen Protestes lebensgefährlich sein kann. Die Aktivist*innen sind mutig und machen immer weiter. All ihre Aktionen zeigen uns, dass Schmerz nicht nur in Ohnmacht resultiert, sondern in eine rebellische und zugleich produktive Kraft gewendet werden kann.
Auf der rechten Straßenseite könnt ihr kurz vor der Oberbaumbrücke an einer Hauswand ein Paste-Up mit ihrem Foto sehen, das Aktivist*innen hier zu ihrem Gedenken aufgehängt haben.
Die Ermordung von Isabel Cabanillas war ein politischer Feminizid. Ihren feministischen Genossinnen ist klar: Die Tat galt auch ihnen. Aber: „Tocan a unx, respondemos todxs“ („Rühren sie eine* an, antworten wir alle“).
FRANKREICH
In Frankreich fanden in vielen Städten Ende November am späten Abend und nachts FLINT*-Demos statt. Die stehen im Zusammenhang mit dem 25.11., dem „internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen“. 2019 haben feministische Kämpfe in Frankreich unter anderem sexualisierte Gewalt und Feminizide angeprangert, während der französische Staat unbeteiligt zuschaut. In der Bewegung der Gilets Jaunes, der Gelbwesten, protestieren seit über einem Jahr auch unzählige FLINT*s gegen Armut und beschissene Arbeitsverhältnisse. Seit über zwei Monaten gibt es in Frankreich einen Generalstreik gegen die angekündigte Rentenreform. Der Streik wird auch von FLINT*s angetrieben. Denn sie sind besonders von Altersarmut bedroht. Wir haben Auszüge aus den Aufrufen zu den Nacht-Demos aus Toulouse und Rennes übersetzt und wollen mit euch ihre kämpferische und wütende Stimmung teilen!
„La manif était voulue de nuit pour occuper les rues du centre, à l’heure où le système patriarcal nous dit d’avoir peur et de ne pas y traîner. Nous défendons un féminisme qui ne se veut pas victimaire mais au contraire fort, offensif, radical, anticapitaliste. Pour montrer notre colère et pour nous battre, nous qui sommes opprimé.e.s, précarisé.e.s, nous luttons contre le capitalisme, le patriarcat et le racisme!“
Wir demonstrieren nachts, weil wir uns die Straßen der Stadt genau dann aneignen wollen, zu einer Uhrzeit, zu der uns das Patriarchat sagt, wir sollen Angst haben und uns von dort fernhalten. Wir machen uns nicht klein, sondern ganz im Gegenteil: unser Feminismus ist stark, offensiv, radikal, antikapitalistisch! Wir sind so krass miteinander verbunden und entschieden wie noch nie! Das Kollektiv ist unsere Waffe! Zusammen sind wir stärker als das Patriarchat und der Sexismus, der uns jeden Tag unterdrückt. Damit kein Mensch mehr die Macht hat, über unsere Leben und unsere Entscheidungen zu bestimmen, ist es Zeit für uns, uns die Straße zurück zu nehmen und alle zusammen unsere Wut zu zeigen. Um zu kämpfen, wir, die unterdrückt und prekarisiert sind, wir kämpfen gemeinsam gegen den Kapitalismus, das Patriarchat und den Kapitalismus!
À bas le patriarcat! Nieder mit dem Patriarchat! Liberté égalité sexualité!
CHILE
Am 25. November 2019, am internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen, haben über hundert Genoss*innen der feministischen Gruppe LasTesis vor dem Präsidentenpalast in Santiago de Chile ihre Schreie als kämpferischen Ohrwurm in die Welt gesetzt:
„Das Patriarchat ist ein Richter, der uns für unsere Geburt verurteilt. Und unsere Strafe ist die Gewalt, die du jetzt siehst. Doch es war nicht meine Schuld, egal wo ich war, egal wie ich angezogen war. Der Vergewaltiger bist du.“ – Y la culpa no era mía, ni dónde estaba ni cómo vestía.